Pflanzliches Protein: Eiweißversorgung bei veganer Ernährung
Die Frage „Woher bekommst du dein Eiweiß?“ hat vermutlich jeder vegane Mensch schon einmal gestellt bekommen. Dabei gibt es eine große Vielfalt an pflanzlichen Lebensmitteln, die sich ideal zur Deckung des Eiweißbedarfs eignen. Wir stellen die besten Quellen vor und erklären, worauf man bei der Eiweißzufuhr achten sollte.
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Was ist Protein?
Proteine werden auch als Eiweiß bezeichnet. Sie setzen sich aus 20 verschiedenen Aminosäuren zusammen. Acht davon sind für den Menschen unentbehrlich, sie müssen also mit der Nahrung aufgenommen werden. Die übrigen zwölf Aminosäuren können unter normalen Bedingungen vom Körper selbst aufgebaut werden.
Proteine aus der Nahrung versorgen den Körper mit unentbehrlichen Aminosäuren und Stickstoff, aus welchen wiederum körpereigenes Eiweiß hergestellt wird. Dazu zählen Strukturproteine, die unter anderem als zentrale Bausteine für Muskel-, Nerven- und Bindegewebe dienen. Eine weitere Gruppe sind Transportproteine wie das Hämoglobin, das für den Sauerstofftransport im Blut wesentlich ist. Außerdem gibt es Rezeptorproteine und immunaktive Eiweiße wie Antikörper. Schließlich basieren auch viele Hormone, Enzyme sowie DNA und RNA auf Proteinen. Nahrungsproteine können zudem zur Energiebereitstellung herangezogen werden.
Wie viel Eiweiß brauchen wir?
Die deutschsprachigen Fachgesellschaften für Ernährung empfehlen in ihren gemeinsamen D-A-CH-Referenzwerten eine Aufnahme von 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht für Erwachsene [1]. Hierbei wurde bereits einberechnet, dass individuelle Schwankungen bestehen und das Protein nicht komplett verdaulich ist. Der Mindestbedarf liegt nämlich bei lediglich 0,4 – 0,65 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht, sofern unterschiedliche Proteinquellen genutzt werden [2].
Für Kinder und Jugendliche, Schwangere und Stillende sowie ältere Menschen liegen die Werte etwas höher. So wird beispielsweise Kindern im Alter von 1 bis 4 Jahren, Schwangeren im dritten Trimester sowie Menschen ab 65 Jahren eine Proteinzufuhr von einem Gramm pro Kilogramm am Tag empfohlen. Stillenden Müttern wird zu 1,2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht geraten. [1] Bei Sportler:innen hängt der Proteinbedarf vom Trainingszustand und -ziel ab. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt in Abhängigkeit dessen eine Zufuhr von ca. 1,2 bis 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Je nach Trainingsziel, -intensität und -umfang kann die Zufuhr flexibel variiert werden [3].
Pflanzliche Eiweißquellen
Eine Vielzahl an pflanzlichen Lebensmitteln kann zur Proteinversorgung beitragen. Folgende sind besonders gute Eiweißlieferanten:
- Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen, Erbsen, Kichererbsen
- Sojaprodukte wie Tofu, Tempeh, Sojajoghurt, Sojamilch, Sojagranulat, -schnetzel und -medaillons
- Getreide und Pseudogetreide wie Quinoa, Hafer, Hirse, Weizen, Dinkel, Roggen, Reis, Mais, Buchweizen, Gerste
- Getreideprodukte wie Seitan, Brot, Nudeln, Haferflocken, Couscous, Bulgur
- Nüsse und Samen wie Kürbiskerne, Hanfsamen, Erdnüsse, Mandeln, Sonnenblumenkerne
Proteinqualität
Je mehr körpereigenes Eiweiß aus einem Nahrungsprotein aufgebaut werden kann, desto höher ist seine Proteinqualität. Diese wird bestimmt von der Menge an unentbehrlichen Aminosäuren, dem Verhältnis von unentbehrlichen und entbehrlichen Aminosäuren sowie der Verdaulichkeit der Proteine. Zur Bestimmung der Proteinqualität werden häufig zwei Verfahren benutzt:
- Biologische Wertigkeit: Diese gibt an, in welchem Umfang Nahrungsproteine zur Herstellung von Körperproteinen genutzt werden können. Als Referenzprotein dient das Hühnerei. Dessen biologische Wertigkeit wurde mit 100 festgelegt. Die biologische Wertigkeit anderer Lebensmittel liegt darunter, so hat Soja beispielsweise eine biologische Wertigkeit von 84, andere Bohnen 73, Weizen 59. Durch Kombination verschiedener Proteinquellen kann die biologische Wertigkeit jedoch stark erhöht werden (z. B. 52 % Bohne + 48 % Mais = 99).
- Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score (PDCAAS): Der PDCAAS, zu deutsch „um die Verdaulichkeit korrigierte Aminosäurebewertung“, berücksichtigt zusätzlich zur Aminosäurezusammensetzung auch die Verdaulichkeit eines Proteins. Je höher er ist, desto besser ist das Eiweiß verdaulich – desto geringere Proteinmengen sind also für die Bedarfsdeckung notwendig. Aufgrund von robusten Zellwänden und Ballaststoffen ist die Verdaulichkeit von pflanzlichen Proteinen zwar in der Regel etwas schlechter als jene von tierischen, sie ist aber immer noch relativ gut. Zusätzlich kann sie durch gründliches Kauen sowie Zubereitungsmethoden wie Kochen, Zerkleinern und Einweichen deutlich erhöht werden. (Mangels, R., Messina, V. & Messina, M. (2011). The Dietitian’s Guide to Vegetarian Diets (3rd edition). S. 69). Eine Besonderheit unter den pflanzlichen Eiweißquellen stellt Soja dar, dessen PDCAAS 1 beträgt und damit genauso hoch ist wie jener des Hühnereis und sogar höher als jener von Rindfleisch (0,92).
Die Proteinqualität einzelner Lebensmittel kann aufgewertet werden, indem verschiedene Proteinquellen miteinander kombiniert werden. Getreide und Hülsenfrüchte ergänzen sich ideal miteinander, denn Getreide ist arm an der Aminosäure Lysin, aber reich an Methionin. Bei Hülsenfrüchten ist es umgekehrt: Sie enthalten wenig Methionin, dafür viel Lysin. Bei der Zusammenstellung von Mahlzeiten ist es daher sinnvoll, auf eine entsprechende Kombination zu achten – beispielsweise Linsendal mit Reis oder Hummus mit Brot [4].
Pflanzliche Eiweißquellen sind besonders gesund
Trotz der etwas schlechteren Verdaulichkeit haben pflanzliche Proteine gegenüber tierischen einige wesentliche Vorteile: Tierische Quellen wie Eier enthalten meist viele gesättigte Fettsäuren, die bei hoher Zufuhr die Cholesterinkonzentration im Blut erhöhen können. Pflanzliche Eiweißlieferanten wie Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Nüsse sind hingegen reich an vielen gesundheitsfördernden Substanzen wie sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen sowie ungesättigten Fettsäuren. Der Austausch von tierischen Proteinquellen gegen pflanzliche kann somit dazu beitragen, das Risiko für ernährungsbedingte chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren.
Praxistipps für die Proteinzufuhr
- Mit einer abwechslungsreichen, vollwertigen Ernährung auf Basis von Hülsenfrüchten, Getreide, Gemüse, Obst sowie Nüssen und Samen kann eine ausreichende Proteinzufuhr problemlos sichergestellt werden. Voraussetzung ist, dass ausreichend Energie aufgenommen wird.
- Täglich Hülsenfrüchte in die Ernährung einbauen. Besonders gut verwertbares Eiweiß liefern Sojabohnen und Produkte daraus wie Tofu, Tempeh und Sojajoghurt sowie texturiertes Sojaprotein (Sojagranulat, -schnetzel und -medaillons).
- Ideal ist es, wenn bei möglichst jeder Mahlzeit verschiedene Proteinquellen miteinander kombiniert werden. Ein besonders gutes Aminosäureprofil ergibt sich bei der Kombination aus Hülsenfrüchten und Getreide. Einige Beispiele sind Müsli mit Sojajoghurt, Spaghetti mit Linsenbolognese, Falafel mit Fladenbrot oder Semmelknödel mit Linsen.
- Alternativ können die Eiweißquellen auch über den Tag verteilt werden, beispielsweise ein Käferbohnensalat zu Mittag und Pasta mit Gemüse als Abendessen.
- Durch Kochen, Mixen und Einweichen von pflanzlichen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten, Getreide und Nüssen kann deren Verdaulichkeit erhöht werden. Somit kann vom Körper mehr von dem aufgenommenen Eiweiß genutzt werden.
Quellen
[1] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Verfügbar unter: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/protein [abgerufen am 05.09.2022]
[2] Elmadfa I, Leitzmann C (2019): Ernährung des Menschen, Ulmer, Stuttgart, 6. Auflage
[3] König D, Carlsohn A, Braun H, Großhauser M, Lampen A, Mosler S, Nieß A, Schäbethal K, Schek A, Virmani K, Ziegenhagen R, Heseker H (2020): Proteinzufuhr im Sport. Position der Arbeitsgruppe Sporternährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernährungs Umschau international; 132: M406-413
[4] Leitzmann C, Keller M (2020): Vegetarische und vegane Ernährung. Eugen Ulmer, Stuttgart, 4. Auflage, S. 293
[5] U.S. Department of Agriculture (USDA): FoodData Central. Verfügbar unter: https://fdc.nal.usda.gov/ [abgerufen am 04.09.2022]
[6] Rittenau N (2020): Vegan-Klischee ade! Wissenschaftliche Antworten auf kritische Fragen zur veganen Ernährung. Becker Joest Volk, Hilden, 1. Auflage März 2020, S. 36
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