Für längere Zeit nichts essen, und das sogar mit Absicht? Dem Körper durch das Fasten Nährstoffe vorenthalten und ihn schwächen? Warum um Himmels Willen sollten wir das tun?
Im ersten Moment scheint das Heilfasten bzw. Fasten eine absurde Idee zu sein — gerade für uns – die sich nach den Paleo-Grundprinzipien ernähren – da wir doch gebetsmühlenartig wiederholen, wie wichtig es ist, den Körper mit ausreichend Nährstoffen aus natürlichen Lebensmittelnzu versorgen.
Doch erstaunlicherweise ist das Fasten ein fester Bestandteil der Menschheitsgeschichte. Unser Paleo-Vorfahren haben vermutlich öfter gefastet, als ihnen lieb war. Und in jeder größeren Weltreligion zählt das Fasten, oft sogar als Heilfasten bekannt, zu den festen Riten und soll Konzentration, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit fördern.
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Fasten – definitiv ein Teil der Paleo Philosophie
Für unsere Vorfahren in der Steinzeit war es sicherlich nicht selbstverständlich, jeden Tag Erfolg beim Jagen oder Sammeln zu haben. Instinktiv musste man hier vorsorgen und sich in guten Zeiten mehr als satt essen, um dann auf Hungerperioden vorbereitet zu sein. Gerade die strengen Winter machten es unseren Urahnen schwer, genug Nahrungsmittel zu finden, was für den Körper eine enorme Belastung darstellen konnte. Wir sind es also aus evolutionsbiologischer Sicht gewohnt, auch einmal wenig oder gar keine Nahrung zu uns zu nehmen.
Und genau das ist heutzutage ein Problem: Mit der Nahrungsflut, die die Globalisierung und viele Industriegesellschaften unserem Körper teilweise zumuten, können wir sehr schlecht umgehen – vor allem, wenn es auch noch verarbeitete Lebensmittel, Zucker und chemische Zusatzstoffe sind. Das dauerhafte, maßlose Angebot aller Lebensmittel macht es unserem biologischem Erbe schwer “Nein” zu sagen.
Ein „zu viel“ von allem tut uns nicht gutund strapaziert unseren Organismus. Langfristig kann das zur Entstehung sogenannter Zivilisationskrankheiten führen. Diabetes Typ 2, Adipositas, Bluthochdruck, oder Arteriosklerose und eine Vielzahl weiterer Erkrankungen können entstehen.
Was passiert beim Fasten?
Unser Körper hat drei Möglichkeiten, Energie zu beziehen: Kohlenhydrate (z.B. Glukose), Eiweiß und Fett.
Die Speicher für Glukose, dem essentiellen Treibstoff für das Gehirn, sind bereits nach einem Fastentag erschöpft. Danach versucht der Körper, aus Proteinen (vor allem aus der Muskulatur) bzw. deren Einzelbestandteilen, den Aminosäuren Glukose herzustellen. Daneben greift er auf Fettreserven zurück, um in der Leber einen Glukose-Ersatz zu produzieren – die Ketonkörper. Diese sind dann wichtigste “Nahrung” für das Gehirn.
Fasten ruft also durch den Nahrungsentzug eine Art Stresssituation hervor, die der Körper durch einen Selbstheilungsprozesszu lindern versucht. Man nennt diesen Zustand Sanogenese bzw. das Prinzip Hormesis.
Während dieses Prozesses treten hormonelle Veränderungen auf. Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol und Glucagon werden vermehrt ausgeschüttet und mobilisieren die Körperreserven, zudem haben sie eine entzündungshemmende Wirkung. Der Spiegel an Serotonin – einem Glückshormon – kann ebenfalls steigen.
In der Folge verbessern sich bei Fastenden Blutzuckerspiegel, sowie Cholesterin-, Insulin- und Triglyceridspiegel. Gleichzeitig senkt der Köper seinen Energieverbrauch. Der Herztonus und die Atmung verlangsamen sich, der Blutdruck sinkt. Auch das Verdauungssystem geht in den Ruhe-Modus über. All das sind Ergebnisse des körpereigenen Selbstheilungsprozesses.
Warum sollte ich fasten?
Die wissenschaftliche Forschung zum Thema Fasten steckt noch in den Kinderschuhen — was erstaunlich ist bei einem Ritual, das uns Menschen schon so lange begleitet. Trotzdem gibt es bereits einige Indizien, dass das Fasten verschiedene Vorteile haben kann.
Wie bereits beschrieben, ist unser Stoffwechselsystem gar nicht darauf ausgerichtet, die Unmengen an Nahrung zu verarbeiten, die uns heute zur Verfügung stehen. Denn auch Essen ist ein Stressfaktor für den Körper – dem wir uns ständig und damit “chronisch” aussetzen. Um dieser Überforderung entgegenzuwirken, kann es – vor allem nach besonderen Schlemmer-Zeiten wie z.B. über Weihnachten, sinnvoll sein, dem Darm durch eine Fastenwoche eine wohlverdiente Regenerationspause zu geben.
In diesem Zusammenhang bietet sich Fasten auch bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten und als Vorbereitung oder Teil eines Autoimmunprotokolls (AIP) an. Den Körper von innen zu reinigen und Ruhe vor Allergenen und Giftstoffe zu geben, bevor man in eine gesunde Ernährungskur einsteigt, kann eine gute Vorbereitung sein.
Auch aus spirituellen Gründen ist eine Fastenphase eine gute Idee: Sie hilft dabei, uns auf uns selbst und unseren Körper zu fokussieren und das Fasten verleiht eine besondere Form der geistigen Klarheit. Zugleich üben wir während der Fastenzeit unsere Selbstdisziplin oder können die Gelegenheit nutzen, ungesunde Ernährungsgewohnheiten abzulegen.
Und nicht zuletzt weisen Studien mit Tieren auf einen erstaunlichen möglichen Vorteil des Fastens hin: Es könnte unser Leben verlängern – beispielsweise durch die ablaufenden hormetische Effekte. Affen, die in Versuchen nach einem Fastenprotokoll ernährt wurden, lebten länger als ihre Artgenossen und litten seltener an Krebs, Demenz oder Herzinfarkten.
Welche Fastenmethoden gibt es?
Es gibt eine Reihe verschiedener Fastenmethoden. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Dauer und darin, ob und was wir während der Fastenzeit zu uns nehmen sollen.
- Beim Wasser- oder Teefasten wird komplett auf die Zufuhr von Kalorien und fester Nahrung verzichtet. Lediglich Wasser und Tee sind erlaubt Dies ist die denkbar radikalste Form des Fastens, da sie am stärksten die eingangs beschriebenen Veränderungen im Stoffwechsel herbeiführt. Dadurch ist sie auch die anstrengendste Form und wird nur bei bester Gesundheit empfohlen.
- Beim Saftfasten, z.B. der Breuß-Kur, werden Obst- und Gemüsesäfte getrunken, um dem Körper eine gewisse Menge an Kalorien zuzuführen.
- verschiedene andere Formen, z.B. Molkefasten oder die Markert-Diät, kombinieren die Flüssigkeitszufuhr mit Eiweiss, um den Fokus des Körpers auf die Energiegewinnung durch Fett zu erreichen
Exemplarisch wollen wir Dir hier das Beispiel der sogenannten Buchinger-Methodevorstellen. Hier sieht das Fasten-Programm folgendermaßen aus:
Die Fastenzeit wird gegliedert, um dem Körper die Möglichkeit zu geben, sich an die neuen Zustände langsam anzupassen:
- Sie wird eingeleitet mit einem Entlastungstag, an dem man nur noch etwas Obst und weißen Reis zu sich, um sich auf ein verringertes Kalorienangebot einzustellen. Wer Reis weniger gut verträgt ihn bspw. mit Kartoffeln, Topinambur oder Karottenersetzen.
- Es folgen mindestens 5 Vollfastentage: Hier werden etwa 500 Kilokalorien pro Tag aufgenommen. Die Energieaufnahme erfolgt ausschließlich über Tees, Fruchtsäfte oder eine Fastenbrühe (Gemüsesuppe mit Kräutern)
- abgeschlossen wird die Fast mit mehreren Aufbautagen, an denen der Fastende langsam wieder an feste Nahrung gewöhnt wird
Verschiedene Anwendungen während der Fastenzeit machen das Fasten erträglicher und steigern die positiven Effekte. Moderate Bewegung aller Art, Sauna, Massagen, Einläufe zur Darmentleerung oder Leibwickel gehören zu beliebten Methoden. Das alles soll die Funktion von Nieren, Leber, Lunge, Darm und Haut anregen und zur Entgiftung beitragen.
Abgrenzung zum Intermittierenden Fasten
Ein Sonderfall ist das sogenannte Intermittierende Fasten. Bei diesem Protokoll wechseln sich kurze Phasen des Essens und des Fastens ab, die Fastenphase dauert meist nicht länger als 16-48 Stunden. Außerdem wird die Gesamtzahl der zu sich genommenen Kalorien nicht stark reduziert, sondern lediglich zeitlich umverteilt.
Die Idee hinter dem Intermittierenden Fasten ist, durch das Wechseln zwischen katabolen und anabolen Prozessen im Körper einige der Fastenvorteile mitzunehmen, ohne dem Körper die Nahrungszufuhr zu verweigern. Im Unterschied zum Heilfasten wird Intermittierendes Fasten oft auch bewusst eingesetzt, um abzunehmen.
Wann sollte ich nicht Fasten? Worauf muss ich achten?
Heilfasten kann gesund sein – aber ist trotzdem nicht immer und für jeden geeignet. Leidet man unter einer (chronischen) Krankheit, sollte man sich keinesfalls ohne Absprache und ärztliche Aufsicht in das Abenteuer Fasten stürzen.
Fasten hat – wie bereits beschrieben – eine Auswirkung auf unsere Physiologie und damit auf das gesamte Hormonsystem. Der Stoffwechsel gerät durch die Hungerperiode unter Stress – bspw. produzieren die Nebennierenrinden vermehrt Cortisol und auch die hormonelle Verbindung von Hypothalamus, Hypophyse und Schilddrüse wird beeinflusst. Diejenigen die an einer Schilddrüsenunterfunktionen leiden oder chronisch erhöhte Cortisol-Level aufweisen, klären am besten vorher ab, wie sinnvoll eine längere Fastenperiode für sie sein kann. Der Erfahrung nach kann man sich trotz chronisch erhöhter Cortisol-Level fit und gut fühlen – wer sich ständig wie “unter Strom” fühlt und wenig schläft, lässt einfach mal einen 24 h Verlauf des sogenannten Stresshormons im Speichel bestimmen. Menschen, mit entzündlichen Erkrankungen (wie Autoimmunerkrankungen) oder einem öfter instabilen Blutzuckerspiegel können vom Fasten profitieren, lassen sich dabei aber gerne professionell unterstützen.
Auch wer schwer körperlich arbeitet oder aus anderen Gründen auf eine stabile und hohe Kalorienzufuhr angewiesen ist, sollte Vorsicht walten lassen. Gleiches gilt für Frauen in der Schwangerschaft und Kinder.
Zwar hat das Heilfasten viele positive Effekte, aber auf dem Weg dorthin setzt es unseren Körper physiologischem und psychischen Stress aus und schwächt ihn. Nach der Fasten-Periode freut sich der Körper wieder auf eine Ruhephase – u.a. um die Hormonlevel in ihre typischen Tagesverlaufs-Spiegel zu balancieren.
Diejenigen, die sich entschließen Fasten auszuprobieren, raten wir besonders achtsam mit ihrem Körper umgehen. Auch während der Hungerperiode ist es sinnvoll sich ausreichend Ruhe zu gönnen und den Fastenstress für den Körper nicht mit anderen Stressoren des Alltags, z.B. im Job oder einer besonders fordernden Lebenssituation zu kombinieren und sich selbst zusätzlich mehr als nötig zu belasten.
Fazit – Fasten, eine spannende Geschichte
Das Thema Fasten zeigt, was für ein erstaunlicher Organismus unser Körper ist. So sehr wir immer predigen, ihn mit ausreichend und gesunder Nahrung zu versorgen, stellt sich heraus: Wenn wir ihn herausfordern, indem wir ihn gezielt und durchdacht einer Fastenperiode aussetzen, macht ihn das noch gesünder und widerstandsfähiger. Und wir können bestätigen – auch wenn es vielleicht der ersten Intuition widerspricht – wenn man mehrere Tage keine feste Nahrung zu sich nimmt, verhungert man nicht gleich 😉
Heilfasten als reinigende und stärkende Kur für Körper und Geist ist – richtig und mit Vorsicht genossen – auf jeden Fall einen Versuch wert und vereinbar mit einer Lebensweise nach den Paleo-Grundprinzipien. Wir sind gespannt, welche Ergebnisse die Wissenschaft zu diesem spannenden Thema in Zukunft zu Tage fördert und halten euch auf jeden Fall auf dem Laufenden.
Habt ihr schon Erfahrungen mit dem Fasten/Heilfasten gemacht? Was waren die Vorteile, die ihr für euch entdecken konntet? Oder kennt ihr sogar jemanden, der seine gesundheitlichen Beschwerden durch Fasten lindern konnte?
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