Die Schlangenkraft
Im Beitrag über den Lebensbaum wurde die mit der Wirbelsäule verbundene Schlangenkraft als wichtiges Element im spirituellen Entwicklungsprozess erwähnt. Hier geht es um einige organische Zusammenhänge bei diesem Prozess.
Geistige Vorgänge im Menschen haben immer eine körperliche Entsprechung, so auch der Prozess der Verwandlung von Geist, Seele und Körper, das große Ziel der Rosenkreuzer, das sie Transfiguration nennen.
In diesem Prozess kommen – neben dem Herzen – dem Hauptstrang des zentralen Nervensystems und den beiden dünnen Strängen des Sympathikus-Nervs auf der Außenseite der Wirbelsäule eine wichtige Aufgabe zu.
Der zentrale Nervenstrang beginnt im Mittelhirn und endet im Sakralplexus am unteren Ende der Wirbelsäule.
Gehirn und Rückenmark als Einheit
Gehirn und Rückenmark bilden demnach organisch und funktionell eine Einheit, mit zwei Polen im Gehirn und im Sakralplexus. Die Medizin verwendet dafür die beiden Begriffe „kranio-sakral“ sowie „zerebro-spinal“. Das zentrale Nervensystem arbeitet eng mit den Drüsen der inneren Sekretion zusammen und ist über diese auch mit dem Blutkreislauf verbunden.
Das Chakra-System
Gesteuert wird das ebenso enge wie komplexe Zusammenwirken all dieser wichtigen Organe und Kreisläufe vor allem durch ein feinstoffliches Energiesystem: das Chakra-System. Die Chakras sind radförmige Kraftzentren, eine Art Energiewirbel. Sieben Haupt-Chakras steuern die großen Drüsen der inneren Sekretion und sind über feinste Bahnen, nadi genannt, entlang der Wirbelsäule miteinander verbunden.
Je nachdem, wie vital ein Mensch ist, drehen sich die Chakren mehr oder weniger schnell. Durch ihre fortwährende drehende Bewegung nehmen sie Lichtkräfte aus der Umgebung auf, die ihrem Schwingungsniveau entsprechen, und geben diese an die stofflichen Organe weiter. Die aufgenommene Lichtkraft wird auch Prana oder Lebenskraft genannt. In der Quantenphysik heißen die Lichtkraftteilchen Photonen.
Ein gespanntes Verhältnis
Zwischen den beiden Polen im Gehirn und im Sakralplexus herrscht eine bestimmte elektromagnetische Spannung. Das Chakra-System sorgt dafür, dass diese lebenswichtige Spannung in einem geeigneten Verhältnis aufrechterhalten bleibt. Dabei hat jedes Chakra seine Aufgabe. Dem Kehlkopfchakra zum Beispiel kommt eine Art Ventilfunktion zu: Es koordiniert die Sprechorgane, über die bei Bedarf „Dampf abgelassen“ werden kann, wenn die Spannung zu groß wird.
Das Schlangenfeuersystem
In der alten indischen Weisheitslehre der Kundalini werden die drei erwähnten Nervenkanäle, der zentrale Strang und die beiden Sympathikus-Stränge, mit sushumna, ida und pingala bezeichnet. Das Ganze nennt sich „Schlangenfeuersystem“. Die Schlange kommt hier ins Spiel, weil sich ida und pingala siebenmal schlangenförmig auf der sushumna kreuzen. Das Sanskrit-Wort „Kundalini“ bedeutet denn auch „eingerollt wie eine Schlange“. Es ist die Kraft, die sich „auf einem gebogenen Pfad bewegt“.
Die Erweckung der Kundalinikraft
Nach der Kundalini-Lehre kann durch ausdauerndes Üben erreicht werden, dass die am unteren Ende der Wirbelsäule schlummernde Kundalini-Kraft geweckt wird. Sie zischt dann explosionsartig die Wirbelsäule hinauf und führt im Gehirn – mit viel Glück! – zu einer Art von höherem Bewusstsein und dem Eindruck von Erleuchtung.
Einen ausführlichen Bericht über diesen lebensgefährlichen Vorgang hat der indische Staatsbeamte Gopi Krishna verfasst, dem dies unabsichtlich passiert ist bei seiner täglichen Yoga-Übung. Er hat auch die anschließende jahrelange äußerst qualvolle Verarbeitung des Geschehens im Detail beschrieben.
Die „Kundalini des Herzens“
Im Gegensatz dazu hat Jan van Rijckenborgh eine christliche Entsprechung in seiner Lehre von der Transfiguration herausgearbeitet.
Es handelt sich um einen Befreiungsweg für Geist, Seele und Körper, wie ihn die Rosenkreuzer anstreben. Er beschreibt, wie dieser Prozess schrittweise und unforciert durchlaufen werden kann. Im Unterschied zur indischen Lehre ist hier die Christuskraft im Herzen der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens.
Durch die Sehnsucht des Menschen nach Befreiung verändert sich etwas im menschlichen Herzen, das als Sitz eines latenten geistigen Kernprinzips – der Christuskraft – angesehen wird. Der geistige Kern „erwacht“ und macht eine äußerst feine Kraft frei. Sie wird in der Philosophie der Rosenkreuzer als „Kundalini des Herzens“ bezeichnet. Das Freimachen dieser Kraft ermöglicht die ganze weitere Entwicklung. Es ist der dreifache Transfigurationsprozess, der im Beitrag „Die Verklärung“ beschrieben wird.
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