Nachhaltigkeitsstandards für Lebensmittel

Nachhaltigkeitsstandards für Lebensmittel

Einleitung
In den letzten Jahren geht in der Lebensmittelbranche der Trend zu naturnahen Produkten mit nachhaltigen Bio-Gütesiegeln, da sie einheitliche Bewertungskriterien gewährleisten und dem Verbraucher eine Orientierung innerhalb der zahlreichen regionalen, nationalen und internationalen Siegel sowie der Herkunftszeichen, Symbole und Codierungen bieten. Laut der Nestlé-Studie „Das is(s)t Qualität“ aus dem Jahre 2012, die in dem Artikel Nachhaltigkeit in der Lebensmittelbranche näher erläutert wird, fällt es der Mehrheit (58 Prozent) nach wie vor schwer, die Qualität von Lebensmitteln zu beurteilen, vor allem wenn sie abgepackt sind. Denn manch Hersteller wurde in der Vergangenheit, in Erwartung des schnellen Geldes schnell dazu verführt, sich das „grüne Mäntelchen“ überzuwerfen und nicht zertifizierungswürdige Produkte mit dem ungeschützten Begriff Bio aufzuwerten. Mittlerweile beachten die Verbraucher mehr als zuvor die ganzheitliche Betrachtung der Liefer- und Produktionsketten, die ökonomische, ökologische und soziale Aspekte gleichermaßen einschließt. Doch wie müssen Lebensmittel in Deutschland gekennzeichnet werden und welche Nachhaltigkeitsstandards in Form von Gütezeichen und Siegeln übermitteln sie?

Allgemein gilt, dass Lebensmittel in Deutschland mit der Verkehrsbezeichnung, dem Namen und Wohnsitz des Herstellers, der Liste der Zutaten, dem Mindesthaltbarkeitsdatum und der Inhaltsmenge gekennzeichnet werden müssen. Außerdem finden sich auf Lebensmitteln häufig Siegel, Gütezeichen und Symbole, die z.T. auf bestimmte Standards hinweisen. Anhand der Gütezeichen etwa kann man Lebensmittel aus dem biologischen Anbau erkennen, doch manchmal sind Zeichen und vermeintliche Siegel, mit Aufschriften wie „aus kontrolliertem Anbau“ oder „schonend hergestellt“ nur Werbemaßnahmen.
Hier ein Überblick über die aktuellen Zeichen und Gütesiegel für Lebensmittel:

Qualitätssiegel der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG)
Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) ist eine private Vereinigung mit ca. 12.000 Mitgliedern, die sich hauptsächlich mit der Förderung von Qualität und Absatz von Produkten aus der Land- und Ernährungswirtschaft beschäftigt.
Sensorik-Experten der DLG testen Geruch, Geschmack, Aussehen und Konsistenz der Nahrungsmittel und bei manchen Lebensmitteln werden stichprobenartig mikrobiologische, chemische und physikalische Laboruntersuchungen durchgeführt. Gute Testergebnisse führen zur Kennzeichnung der Lebensmittel mit dem DLG-Zeichen.

Das staatliche Bio-Siegel
Das staatliche Bio-Siegel wurde 2001 eingeführt, um Produkte, die gemäß der EG-Ökoverordnung hergestellt wurden, für den Verbraucher auf den ersten Blick erkenntlich zu machen. Es kennzeichnet Lebensmittelprodukte, die aus kontrolliert ökologischer Landwirtschaft stammen. Mittlerweile wurde über 60.000 Produkte (Stand 2011) mit dem Bio-Siegel zertifiziert.

  • Die Zutaten der Produkte müssen zu 95% aus dem ökologischen Landbau stammen;
  • Die Anwendung der Gentechnik ist verboten;
  • Auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, sowie mineralische Stickstoffdünger wird verzichtet;
  • Artgerechte Tierhaltung muss gegeben sein;
  • Die Futtermittel sollen im Betrieb selbst erzeugt werden, die Verwendung einer begrenzten Anzahl an nicht ökologisch erzeugten Futtermitteln ist zugelassen;
  • Die Zugabe wachstumsfördernder Stoffe oder die Veränderung des Reproduktionszyklusses der Tiere ist verboten;
  • Zur Behandlung von Erkrankungen der Tiere sind pflanzliche oder homöopathische Arzneimittel vorzuziehen;
  • Ziel: gesunde Lebensmittel zu produzieren und die durch landwirtschaftliche Produktion verursachten Umweltbelastungen zu minimieren

EU Bio-Siegel
Das EU Bio-Siegel zertifiziert seit 2010 alle verpackten Bioprodukte, die innerhalb der EU hergestellt werden. Das Gütezeichen ist Pflicht und garantiert, dass das Lebensmittel die europaweit geltenden Regeln für die ökologische Lebensmittelproduktion erfüllt. Inhaltlich vermittelt es dieselben Standards wie das sechseckige deutsche Bio-Siegel. Dessen EG-Öko-Kontrollstellennummer muss ebenfalls in unmittelbarer Nähe zum Bio-Siegel zu finden sein und es müssen Hinweise auf die Herkunft der Rohstoffe gegeben werden. Der Vorteil zum Bio-Siegel ist, dass das EU Bio-Siegel einheitlich in allen europäischen Staaten gilt und Bio-Produkte im Ausland einfach zu finden sind.

EU-Bio-Verordnung
Das EU-Siegel garantiert Bioqualität für Lebensmittel, die nach den Anforderungen der EG-Öko-Verordnung hergestellt wurden. Nach dieser Richtlinie müssen 95% der Zutaten aus biologischem Anbau sein und auf Pestizide und Kunstdünger verzichten. Außerdem besteht das Verbot von Gentechnik und Bestrahlung, die Beschränkung der Zusatzstoffe, sowie die Bindung der Tierhaltung an die bearbeitete Fläche.

Siegel der Öko-Anbauverbände
Die Öko-Anbauverbände produzieren nach ökologischen Richtlinien Lebensmittel. In Deutschland gibt es acht davon. Die EG-Vorschriften müssen auf jeden Fall eingehalten werden, um ein Produkt überhaupt mit „bio“ kennzeichnen zu dürfen. Zusätzlich kommen dann noch die eigenen Anforderungen der Öko-Verbände. „Extra-Bio-Qualität“ garantieren den Verbrauchern die Richtlinien wie die Öko- Anbauverbände, wie Demeter und Bioland und stellen somit Anforderungen an die Bauern, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen. Diese Anforderungen umfassen die Umstellung des gesamten Hofes auf ökologische Produktion, das Verbot konventioneller Futtermittel, eine Beschränkung der Tieranzahl pro Hektar, enge Regelungen zu Hilfs- und Aromastoffen. Bei Produkten der Öko-Verbände wird, im Gegensatz zur EU-Richtlinie, weitestgehend auf Enzyme und natürliche Aromen verzichtet.
Ungefähr 60 Prozent der deutschen Bio-Bauern sind Mitglied in einem der Anbauverbände

Ein paar Eckdaten zu den Siegeln der Öko-Anbauverbände:

  • Bioland: Ökologischer Anbau
  • wurde 1971 gegründet
  • der größte Bio-Anbauverband in Deutschland
  • Zielsetzung: die Förderung des Bodenlebens für das Wachstum gesunder Pflanzen und die Herstellung hochwertiger Nahrungsmittel
  • das Bioland-Zeichen wird durch den gleichnamigen Verband vergeben und auch kontrolliert
  • Biokreis
  • wurde 1979 gegründet
  • Ziel ist die Förderung des ökologischen Landbaus
  • das Biokreis Zeichen wird durch ein unabhängiges Gremium des gleichnamigen Verbandes vergeben
  • Voraussetzung für die Nutzung des Zeichens ist die Einhaltung der Vergabekriterien
  • Biopark
  • wurde 1991 gegründet
  • das „Biopark“-Label kennzeichnet Produkte aus kontrolliert ökologischer Landwirtschaft
  • inzwischen gehören diesem Verband fast 700 Mitglieder in 15 Bundesländern an, die nach der BIOPARK®-Richtlinie arbeiten
  • Demeter
  • wurde 1924 gegründet
  • das „demeter“-Zeichen kennzeichnet landwirtschaftliche Erzeugnisse aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft
  • die „demeter“-Philosophie: der landwirtschaftliche Betrieb wird als ein individueller, in sich geschlossener Organismus betrachtet, der nicht nur materiellen sondern auch immateriellen Einflüssen unterliegt. Neben z.B. dynamischen Wirkungen, gehören auch kosmische Einflüsse dazu, sodass regelmäßig so genannte biologisch-dynamische Präparate eingesetzt und kosmische Rythmen, d.h. Einwirkungen des Mondes, der Planeten etc., im Pflanzenbau und in der Tierhaltung berücksichtigt werden
  • Gäa – ökologischer Landbau
  • Gäa steht für die griechische Göttin der Erde und kennzeichnet Lebensmittel aus kontrolliert ökologischer Landwirtschaft
  • Voraussetzung für die Vergabe des Siegels ist die zweijährige Umstellungszeit auf die ökologische Produktion des Hofes
  • einmal im Jahr werden die Höfe durch eine staatliche Kommision kontrolliert
  • Naturland
  • wurde 1982 gegründet
  • es ist, wie auch Demeter, international tätig
  • das Naturland-Zeichen kennzeichnet Produkte aus kontrolliert ökologischer Landwirtschaft
  • Im Zentrum aller Naturland-Richtlinien steht ein ganzheitlicher Ansatz, in dem nachhaltiges Wirtschaften, praktizierter Natur- und Klimaschutz, Sicherung und Erhalt von Boden, Luft und Wasser sowie der Schutz der Verbraucher berücksichtigt werden
  • Ecoland
  • wurde 1996 als regionaler Öko-Verband durch die Landwirte der „Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall“ gegründet
  • der Verband betreut insbesondere die Fleisch- und Getreideerzeugung und -Verarbeitung
  • ECO VIN
  • Der Bundesverband ökologischen Weinbaus „Ecovin“ ist mit 200 Mitgliedern der größte Zusammenschluss biologisch wirtschaftender Winzer und Weinbauern
  • Das Siegel ECOVIN kennzeichnet Trauben, Weine, Säfte und Sekte aus kontrolliert ökologischem Anbau

Neuland Fleisch

  • Neuland-Zeichen garatiert Fleisch und Wurst aus artgerechter und umweltschonender Nutztierhaltung*
  • Der Schwerpunkt der Richtlinien die für Schweine, Rinder, Schafe, Legehennen und Mastgeflügel gelten, liegt auf der artgerechten Tierhaltung
  • bei NEULAND muss kein ökologisches Futter verwendet werden, aber es sind nur heimische Futtermittel erlaubt, um den Import von Futtermitteln (vorwiegend Sojaschrot) auszuschließen; tierische Futtermittel wie Fisch- oder Tiermehl und Antibiotika oder andere sogenannte Leistungsförderer sind verboten
  • Gentechnik darf nicht eingesetzt werden, weder in der Züchtung noch in der Fütterung (z.B. gentechnisch veränderter Mais)

MSC: Die Garantie für nachhaltige Fischerei

  • MSC steht für Marine Stewardship Council, der es sich zur Aufgabe gemacht, Fischbestände weltweit zu sichern
  • er setzt sich aktiv in der Öffentlichkeit für die umweltfreundlichste Wahl bei Fisch und Meeresfrüchten ein
  • mit dem blauen MSC-Label will die Organisation umweltgerechtes Fischereimanagement belohnen
  • Verbrauchern bekommen damit die Gewissheit, das das Fischerzeugnis aus einer verantwortlich geführten Fischerei stammt und nicht zum Problem des Überfischens beiträgt

IFOAM: Internationaler Dachverband aller Organisationen des ökologischen Landbaus

  • der IFOAM (International Federation of organic agricultural Movements) ist ein weltweiter Dachverband aller Organisationen des ökologischen Landbaus
  • er vereinigt international 750 Organisationen in 108 Ländern
  • er verfolgt das Ziel einer weltweiten Einführung ökologischer, sozialer und ökonomisch vernünftiger Systeme, die auf den Prinzipien der ökologischen Landwirtschaft beruhen
  • Die IFOAM hat einen Standard für ökologische Landwirtschaft und ein Rahmenwerk für Öko-Zertifizierungen entwickelt, welches richtungsweisend für z.B. die EG-Öko-Verordnung war

Ohne Gentechnik

  • das Zeichen „Ohne Gentechnik“ dürfen all jene Lebensmittel tragen, die „ohne Gentechnik“ im Sinne des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes produziert wurden
  • das „Ohne-Gentechnik-Logo“ darf nur auf Antrag durch den „Verband Lebensmittel ohne Gentechnik“ vergeben werden

Gütezeichen für Fairen Handel

  • das Gütezeichen des Fairen Handels kennzeichnet Produkte, die den Fairen Handel mit Ländern der sogenannten Dritten Welt zu fördern
  • Ziel: gerechte Handelsbedingungen für die Produzenten, faire Preise zur Verbesserung der Existenzsicherung, strukturelle Verbesserungen und die Förderung von Entwicklungsprozessen in den Anbaugebieten zu den zentralen Zielsetzungen des Fairen Handels
  • TransFair
  • das TransFair-Siegel wird für Kaffee, Tee, Zucker, Honig, Schokolade, Bananen, Orangensaft und weitere Produkte vergeben
  • der TransFair-Verein in Köln vergibt das Siegel an Importeure, weiterverarbeitende Betriebe und Handelsunternehmen, die sich an die gemeinsam erarbeiteten Richtlinien halten
  • erhältlich sind die Lebensmittel in fast allen Lebensmittelläden, in jedem Fall in Eine Welt- und Naturkostgeschäften
  • Gepa: Fair Handelshaus
  • die Gesellschaft gehört zu den Marktführern der Importorganisationen in Deutschland
  • neben den typischen Produkten, wie Kaffee und Tee, verkauft Gepa auch Schmuck, Kunsthandwerk und Textilien
  • erhältlich sind die Produkte in Supermärkten und Weltläden
  • BanaFair
  • der Verein Bana-Fair aus Gelnhausen ist direkt am Handel beteiligt
  • beschränkt sich ausschließlich auf den Vertrieb von Bananen
  • erhältlich sind diese überwiegend in Eine-Welt-Läden und Bioläden

Bio-Siegel des Einzelhandels

Tipps für Verbraucher

  • Auf anerkannte Gütezeichen achten

Beim Einkauf sollte man sich nicht von bloßen Werbeaussagen wie „aus anerkanntem Anbau“, „Naturprodukt“ oder ähnlichem täuschen lassen, da nur die wahren Gütesiegel bzw. Bio-Siegel Auskunft über die Qualität, die Produktion,etc. geben. Eine Alternative stellt der Einkauf in Bio- und Naturkostläden dar, da man dort vor allem Lebensmittel mit Auszeichnungen der strengeren Anbauverbände sowie qualifizierte Beratung und Auskunft findet. Doch auch im Supermarkt sind Produkte mit dem staatlichen Bio-Siegel oder den Gütesiegeln der genannten Supermarktketten empfehlenswert.

  • Klare Kennzeichnung von Lebensmitteln

Die Website www.lebensmittelklarheit.de, die vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bereitgestellt und gefördert wird, bietet dem Verbraucher an dort Produkte zu melden, bei deren Aufmachung oder Kennzeichnung man sich getäuscht fühlt. Bei einer Meldung, wird diese überprüft und der Hersteller wird um eine Stellungnahme gebeten.

  • Regionale Produkte bevorzugen

Auch beim Kauf von Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln sollte man auf die Herkunft achten. Denn weitgereiste Früchte- oder Gemüsesorten sind oftmals behandelt worden, um nach langen Transportwegen frisch im Supermarkt zu liegen. Deshalb sollte man möglichst Lebensmittel aus der Region wählen. Dies hat den positiven Effekt, dass es die Landwirtschaft am Ort stärkt und insgesamt die Straßen und die Umwelt entlastet.

Werkstatt N
Bei „Werkstatt N“ handelt es sich um ein Qualitätssiegel des Rates für Nachhaltige Entwicklung. Ausgezeichnet werden mit diesem Siegel die Ideen und Initiativen, welche die nachhaltige Entwicklung fördern. ?

Bisher tragen insgesamt 100 Initiativen die Siegel „Werkstatt N-Projekt“ bzw. „Werkstatt N-Impuls“. Weitere Informationen zu diesen Initiativen finden Sie auf der Projektseite www.werkstatt-n.de. Die Auszeichnung ermöglicht den Zugang zu einem attraktiven Netzwerk, sowie verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit und die Chance, den Diskurs zu prägen und Unterstützer zu gewinnen. „Die Jury zur Vergabe des Qualitätssiegels besteht aus den Mitgliedern des Nachhaltigkeitsrates und der Geschäftsstelle. Sie beurteilt alle Bewerbungen anhand ihres umfassenden Verständnisses von Nachhaltigkeit in den Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales, der Übereinstimmung von Ziel und Methode sowie Originalität.“ (Quelle: Rat für Nachhaltige Entwicklung)

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