Die Geschichte des Rums – vom Getränk für Sklaven zum Genuss für Kenner
Der wahre Wert von Rum wird oftmals verkannt. Wer sich einmal Zeit nimmt, sich auf diese edle Spirituose einzulassen, der stößt auf eine beeindruckende geschmackliche Vielfalt. Die Geschmacksbandbreite reicht von milden, teilweise likörartigen bis hin zu fruchtigen oder sehr würzigen Sorten.
So interessant wie das Getränk ist auch die Geschichte des Rums. Wir laden Sie ein, sich ein Glas Rum zu nehmen und den Ursprung dieser geschmackvollen Spirituose auf den Grund zu gehen.
Verbreitung der Zuckerrohrpflanze
Der Begriff des Rums ist eng mit den Eroberern der Meere und den Seefahrern verknüpft. Wer an Rum denkt, denkt an Freibeuter und Matrosen, die fröhlich singend Flaschen in die Höhe heben, und an die Karibik – und das aus gutem Grund. Denn die Wurzeln des Rums liegen tatsächlich auf dieser sonnenverwöhnten Insel.
Spanien und England beherrschten im 16. Jahrhundert die Weltmeere. Um diese Stellung zu festigen, wurden immer weitere Reisen unternommen. In dieser Zeit entwickelte sich die Karibik mit ihren Häfen zu einer wichtigen Versorgungsstation für aus Europa kommende Handelsschiffe. Als Christoph Kolumbus 1493 zu seiner zweiten Reise zu den karibischen Inseln aufbrach, hatte er auf Geheiß des spanischen Königshauses Zuckerrohr-Setzlinge an Bord. Da auf den karibischen Inseln optimale Aufzuchtsbedingungen herrschten und die Pflanze im tropischen Klima besonders gut gedieh, wurde dort der Anbau sehr großflächig betrieben. Zunächst übernahmen versklavte Ureinwohner die harte und schwere Arbeit. Doch bald reichten sie nicht mehr für die Bewirtschaftung der immer weiter wachsenden Zuckerrohrplantagen aus. So kam es, dass nach der der Kolonialisierung von Afrika zusätzlich Tausende von afrikanischen Arbeitssklaven auf die Karibik verschifft wurden.
Zuckerrohrschnaps – ein Getränk der Seefahrer und Sklaven
Etwa im Jahre 1598 entdeckten spanische Siedler im kubanischen Guayacán, dass sich das Abfallprodukt dieser Pflanze, die Melasse, zur Herstellung eines Destillats eignete. Sie vermengten die Zuckerrohrfasern mit Wasser, wodurch eine Gärung einsetzte und eine Art Zuckerwein entstand. Da man bereits damals wusste, dass kleine Belohnungen die Motivation steigerten, erhielten die Sklaven diesen Zuckerwein aus Melasse als Stärkung und Belohnung. Anfangs wurde die Flüssigkeit mit rudimentären Apparaten gewonnen, aber schon mit der Entwicklung der Destillationsverfahren im 17. Jahrhundert wurde aus dem vergorenen Melassesaft dann der erste Rum gebrannt. Dieser Ur-Rum, der vorwiegend von den Sklaven getrunken wurde, wurde Tafia, Guildive oder Kill Devil genannt.
Zucker war zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein sehr wertvoller und seltener Rohstoff. Schnell weckte der Zucker von den karibischen Inseln deswegen das Interesse von Freibeutern. Um den Pflanzern bei Piraten-Angriffen beizustehen, wurden bewaffnete Schiffe in der Region stationiert. Bei ihren Aufenthalten in der Karibik entdeckten so auch die Seefahrer den sehr scharfen und rauen Alkohol für sich, denn die Mannschaften sollten mit Alkohol bei ihrer nicht sehr spannenden Arbeit bei Laune gehalten werden. Doch Bier wurde bereits unterwegs ungenießbar und Wein verwandelte sich in Windeseile in Essig.
Rum bot sich als beste Lösung an. Bereits im Jahr 1650 gehörte ein viertel Liter Rum zur täglichen Ration eines Seemannes. Aus dem Jahre 1650 stammt auch der erste beurkundete Hinweis auf den Namen des Getränkes, der als »rumbullion« (engl. = Aufruhr, Tumult) bezeichnet wurde. Ab 1667 wurde der Schnaps offiziell als »Ron« (kastillisch) bzw. »Rhum« (französisch) bezeichnet.
Schließlich wurde der Zuckerrohrschnaps 1687 sogar von der königlich-britischen Marine zum offiziellen Bestandteil der täglichen Verpflegung von Seeleuten erklärt. Da man aber disziplinierte Soldaten und keine Trunkenbolde wollte, legte 1740 der britische Vizeadmiral Edward „Old Grog“ Vernon fest, dass die tägliche Rumration in einem bestimmten Verhältnis mit Wasser verdünnt werden sollte. Auf diese Weise wurde ein Getränk namens Grog gemixt, welches sogar bis 1969 ein Grundnahrungsmittel der britischen Marine blieb. Außerdem wurde festgelegt, dass die Seeleute als Belohnung für Tapferkeit oder gutes Verhalten zusätzlich Limettensaft und Zucker bekommen sollten, um das Getränk schmackhafter zu machen. Der beigefügte Zitronensaft half zudem, die Vitaminmangelkrankheit Skorbut zu verhindern. Dank dem Rum mit Zitronensaft nahm die Zahl der Todesfälle deutlich ab.
Rum erobert die Seefahrt
Innerhalb der nächsten Jahre verbreitete sich nicht nur die Bekanntheit, sondern auch die Beliebtheit des Rums. Rum wurde für Piraten und Soldaten in der Karibik ein begehrtes Getränk. Sowohl Freibeuter als auch offizielle Marine zahlten deswegen einen Teil der Heuer durch Rationen von Rum aus. Nicht nur der Geschmack machte den Rum so kostbar. Schnell fanden die Seeleute heraus, dass Rum ideal zur Konservierung von Obst und Lebensmitteln geeignet war und somit tropische Früchte bis nach Europa transportiert werden konnten.
Die Matrosen begannen, den Zuckerrohrschnaps mit auf Reisen zu nehmen. Zum Transport wurde der Rum in Fässern gelagert. Diese Holzfässer wirkten sich positiv auf den Geschmack aus, denn das Holz der Fässer nahm die nicht gern gesehenen Inhaltsstoffe in sich auf und ließ sie verdunsten. Aus dem scharfen und rauen Schnaps entwickelte sich ein angenehmes Getränk. Rum begann seinen Eroberungszug in der ganzen Welt. So begoss 1789 George Washington seine Amtsantrittszeremonie mit zwei Fässern Barbados-Rum.
Der Rum wird zum Getränk für Genießer
Bedingt durch die steigende Beliebtheit änderten sich auch die Verhältnisse in der Karibik. Während der Zucker als Exportprodukt an Bedeutung verlor, weil man in Europa herausfand, dass sich Zucker auch aus der Zuckerrübe herstellen ließ, wurde immer mehr Gewinn mit der Herstellung von Rum gemacht. Auf der Karibik konzentrierte man sich zunehmend auf die Rumdestillation – ein neuer und profitabler Wirtschaftszweig war geboren.
Durch die Prohibition, die von 1919 bis 1933 die Herstellung und den Verkauf alkoholischer Getränke in den USA verbot, stieg die Beliebtheit von Rum noch weiter an. Tausende Amerikaner, die nicht auf Alkohol verzichten wollten, reisten in die nahe Karibik und genossen den dort hergestellten Alkohol in vollen Zügen. Rum war kein Getränk mehr für den Durst, sondern ein Genussmittel. Folglich legten auch die Rum-Destillateure zunehmend Wert darauf, ihren Zuckerrohrschnaps als Qualitätsgetränk durchzusetzen. Heute steht jede Insel der Karibik für ihren eigenen Rumstil.
Die moderne Rum-Herstellung, auf welcher die industrielle Produktion aufbaut, wurde im Jahre 1850 erfunden. Mit Hilfe dieses Prinzips wurde zudem die Herstellung des weißen Rums möglich.
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